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Hinter den Toren römischer Paläste

21. Oktober 2021 - Peter Fröhlicher, Mitglied der Sektion Solothurn von Domus Antiqua Helvetica

Villa Chigi in Castelfusano (Foto: Lukas Alioth)
Villa Chigi in Castelfusano (Foto: Lukas Alioth)

Auf dem Programm dieser aussergewöhnlichen Reise, die im September/Oktober 2021 zweimal durchgeführt wurde, stand eine Reihe von Villen in Rom und der näheren Umgebung. Konzept und Leitung oblagen Ueli Buhofer, dem es dank seines reichen Beziehungsnetzes gelang, üblicherweise verschlossene Türen zu öffnen. Immer wieder sorgte er für wohlvorbereitete Überraschungen, etwa mit einem Referat über Gartenarchitektur unter Einbezug der Hypnerotomachia Poliphili, eines der komplexesten Werke der italienischen Literatur der Renaissance, oder mit einer ersten Besichtigung kurz nach der Landung in Fiumicino: Die Fahrt vom Flughafen zum Hotel wurde durch den Besuch der Villa Chigi-Sacchetti in Castelfusano mit Pizza-Aperitiv angenehm unterbrochen.

In ebenso entspannter Atmosphäre spielten sich die weiteren Begegnungen mit den Eigentümern ab, die sich als zuvorkommende, am Austausch mit der Reisegruppe interessierte Gastgeber und Gastgeberinnen erwiesen, insbesondere beim festlichen Nachtessen im exklusiven Circolo della caccia des Palazzo Borghese und bei jenem auf der Terrasse des Palazzo Núñez-Torlonia. Die Gespräche vermittelten Einblicke in deren Engagement für die Erhaltung von Baudenkmälern oder Kunstsammlungen wie jene der Colonna. Eindrücklich war auch die Besichtigung von Caravaggios erster Version der Bekehrung des Paulus, bekannt als Caravaggio Odescalchi, in der Privatwohnung der jungen Nicoletta Odescalchi.

Wie sehr die Kunstschätze des 16. und 17. Jahrhunderts die Geschichte der einflussreichen Familien Roms und deren enge Verflechtung mit dem Vatikan widerspiegeln, wurde in den Erläuterungen der hochqualifizierten Kunsthistorikerinnen Francesca Barberini und Alexandra Massini deutlich, die uns während der ganzen Woche begleiteten. Buchstäblich auf Schritt und Tritt erfahrbar waren die Spuren der Antike, sei es in Form der stupenden einem altrömischen Landhaus entnommenen Mosaikböden der Villa Lancellotti in Frascati oder als von Sarkophagen stammende Basreliefs, wie sie die Fassaden der Villa Medici oder des Casino dell'Aurora Pallavicini zieren.

Wie kaum eine andere Stadt bietet Rom Anschauungsunterricht in der Wiederverwendung von Bauelementen bzw. Baumaterialien und überrascht mit originellen Verbindungen von Alt und Neu. Exemplarisch zeigt dies die soeben vollendete Teilrestaurierung des an das augusteische Marcellustheater gebauten Palazzo Orsini, Sitz der Botschaft des Malteserordens beim Heiligen Stuhl: Die zeitgenössische Architektur, die das Dachgeschoss mit Terrasse und Innenhof prägt, bildet einen gelungenen Kontrast zu den prunkvollen Sälen aus dem 17. Jahrhundert. Auch in den Palazzo Núñez-Torlonia hält die Gegenwart Einzug. Während der grösste Teil des Gebäudes nach einem Brand wieder in den Originalzustand versetzt wurde, hat die Besitzerin, Donna Olimpia Torlonia, die Gestaltung einiger Säle Gegenwartskünstlern und Designern anvertraut. Im Palazzo Falconieri in Frascati schliesslich wird die Beziehung zu Antike und Humanismus als intellektuelle Herausforderung der heutigen Zeit verstanden. Die dort vor einigen Jahren gegründete Akademie Vivarium Novum vereint Studierende aus allen Kontinenten, die Altgriechisch und Latein nicht nur lesen und schreiben, sondern auch fliessend sprechen und sich so in der Art der Humanisten die Kultur des Klassischen Altertums aneignen.

Die Verbindung von Kunstgenuss, kulturellem Austausch und exklusiver Gastfreundschaft machte die Reise zu einem Erlebnis der Sonderklasse.