Bauen ausserhalb der Bauzone: Strenge Qualitätsanforderungen zwingend
29. August 2017
Bern, 29. August 2017 – In wenigen Tagen endet die Vernehmlassung zum RPG II (Raumplanungsgesetz). Mit der Revision soll die Trennung von Bau- und Nichtbaugebiet klarer geregelt werden. Alliance Patrimoine stellt insbesondere den unausgereiften «Planungs- und Kompensationsansatz», welcher den Kantonen Spezialregelungen im Rahmen des Richtplans einräumt, in Frage. Wir müssen unsere einzigartige und identitätsstiftende Kulturlandschaft vor der ausufernden Zersiedlung schützen. Nichtbaugebiete dürfen nicht durch die Hintertür zu Mini-Bauzonen mutieren. Falls trotzdem ausserhalb der Bauzonen gebaut wird, müssen die Bauten zwingend gewisse Qualitätsanforderungen erfüllen.
Die einmalige Kulturlandschaft gehört zur DNA der Schweiz. Mit ihren imposanten Bergen, malerischen Seen, idyllischen Höfen und Siedlungen ist sie für Schweizerinnen und Schweizer ein unverzichtbares Stück Heimat. Ein intaktes Orts- und Landschaftsbild stellt einen wesentlichen kulturellen Wert dar, denn es ist einmalig, identitätsstiftend und für den Tourismusstandort Schweiz unabdingbar. Die Bevölkerungszunahme mit ihrem wachsenden Raumanspruch, der landwirtschaftliche Strukturwandel und die Infrastrukturentwicklung beeinträchtigen die Kulturlandschaft zunehmend. Mit der zweiten Revision des Raumplanungsgesetzes soll unsere Kulturlandschaft vor Verschandelung und Banalisierung geschützt werden. Keine «Mini-Bauzonen» durch die Hintertür – keine ungeprüften Spezialregeln Obwohl ausserhalb der Bauzonen grundsätzlich nicht gebaut werden darf, nimmt die Anzahl der Bauten stetig zu (2001 bis 2010 um 5000 Gebäude). Die Nichtbauzone mutiert zu einem eigentlichen „Mini-Bauzonen-Gebiet“. Gemäss Bundesamt für Raumentwicklung fördern auch unbeabsichtigte Fehlanreize bei der Erschliessung, Besteuerung oder der Abschöpfung von Planmehraufwerten die Bautätigkeit. Diese Fehlanreize sind zu beseitigen. Die Bestimmungen zum Bauen ausserhalb der Bauzonen (Art. 23 und 24) sind das Kernstück im neuen RPG-Entwurf. Mit ihnen will der Bund der Zersiedelung Einhalt gebieten und das charakteristische Landschaftsbild schützen. Die Bestimmungen sind jedoch zu unklar formuliert und genügen nicht, um den Schutzinteressen bezüglich der Kultur- und Naturdenkmäler, Ortsbilder, historischen Verkehrswege und archäologischen Stätten Rechnung zu tragen. Insbesondere der unausgereifte «Planungs- und Kompensationsansatz», welcher den Kantonen Spezialregelungen im Rahmen des Richtplans einräumt, dient weder der Klärung noch dem Schutz. Im Gegenteil, es würde einem Paradigmenwechsel gleichkommen, dessen Auswirkungen heute niemand abschätzen kann. Alliance Patrimoine fordert deshalb die Streichung des unausgereiften Vorschlags und verlangt eine vertiefte Prüfung des Ansatzes. Der Baukultur den notwendigen Stellenwert einräumen Falls ausserhalb der Bauzone gebaut werden muss, sind strenge Qualitätsanforderungen in den Bereichen Landschaftsbild und Architektur zwingend. Bauten ausserhalb der Bauzone entfalten eine grosse Raumwirkung und prägen die Landschaft. Im Gesetzesentwurf wird die Baukultur sträflich vernachlässigt. Sie ist ein gleichwertiges Anliegen wie die namentlich im Gesetz erwähnte Wohnqualität, die räumlichen Voraussetzungen für die Wirtschaft und der gesellschaftliche Zusammenhalt. Wie diese muss die Baukultur deshalb zwingend bereits in den Zielen und Planungsgrundsätzen des Raumplanungsgesetzes verankert werden (Art. 1 und 3). Grundsätzlich ist dem Kulturerbe und dem qualitätsvollen Bauen im Gesetz konsequent Rechnung zu tragen, namentlich auch bei den Baubestimmungen (Art. 23 und 24). Die Landschaft rücksichtsvoll und qualitätvoll zu bebauen ist ein Herzensanliegen der Schweizer Bevölkerung. In einer unlängst durchgeführten repräsentativen Umfrage des Stapferhauses Lenzburg (ausgewertet von Sotomo) zum Thema Heimat gaben 94% der Befragten an, dass es die Landschaften sind, welche Heimatgefühle auslösen. 90% aller befragten Bewohnerinnen und Bewohner der Schweiz erachten Denkmäler, Bauten in Wechselwirkung mit ihrer Umgebung, als schützenswert und von grosser gesellschaftlicher Bedeutung (Studie von LINK im Auftrag des Bundesamtes für Kultur). Der Gesetzgeber ist gefordert, diesem Bedürfnis nach einer intakten Kulturlandschaft bestmöglich Rechnung zu tragen. Alle Lösungsvorschlage und Forderungen der Alliance Patrimoine finden Sie in der vollständigen Stellungnahme der Alliance Patrimoine zum RPG II (pdf). Für Fragen steht zur Verfügung: Cordula Kessler, Geschäftsführerin NIKE, Vorsitzende Alliance Patrimoine 2017. Tel. 41 31 336 71 11 / +41 78 638 54 60, cordula.kessler_at_nike-kulturerbe.ch
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Alliance Patrimoine – Anwältin des kulturellen Erbes Alliance Patrimoine setzt sich ein für den Erhalt und die Pflege des kulturellen Erbes der Schweiz. Sie ist ein Zusammenschluss von vier Organisationen mit 92‘000 Mitgliedern: Archäologie Schweiz AS, Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK, Nationale Informationsstelle zum Kulturerbe NIKE sowie Schweizer Heimatschutz SHS. www.alliance-patrimoine.ch |