Alfred R. Sulzer ist Ehrenpräsident DAH
27. August 2016

Anlässlich der DAH-Mitgliederverammlung 2016 in Schaffhausen wurde der nach vierjähriger Amtszeit scheidende Präsident Alfred R. Sulzer zum Ehrenpräsidenten DAH ernannt. Sein Wirken würdigte Fritz Wehrli:
Laudatio für Alfred R. Sulzer von Fritz Wehrli
«Liebe throne, Friede wohne, Treue walte, Gott erhalte»
So steht's an der Decke der Liegenschaft Vordere Au am Zürichsee, die dank Alfred Sulzer vor Jahren wieder auferstanden ist. Und so wird wohl alles auf einen Nenner gebracht, das unseren scheidenden Präsidenten ausmacht.
Mir fällt die grosse Ehre zu, Alfred R. Sulzer, «Friedli», wie seine Freunde ihn nennen, zu verabschieden. Seine Person, sein Wirken und vor allem seine Verdienste um unsere Vereinigung zu würdigen, ist für mich vor allem ein Vergnügen.
Lieber Friedli
Damit alles klar ist: Dies ist keine Abschiedsrede. Ich spreche im Bewusstsein, dass Dein Vorbild und Dein vielseitiges Engagement unsere Vereinigung nachhaltig geprägt haben. Dazu kommt die Gewissheit, dass wir auch in Zukunft mit Deinem Rat rechnen dürfen. Dafür sind wir Dir zu grossem Dank verpflichtet.
Noblesse oblige! In New York als Spross der Familien Sulzer und Merian geboren, als Kind in Japan, später beruflich in Kairo und Paris, verbinden sich bei Dir aristokratische Herkunft mit Weltläufigkeit.
Die F&W schreibt 2000: «Die Distanz zum Vertrauten hat dazu beigetragen, seinen Blick für das Einzigartige und das Wertvolle zu schärfen». Ich selber habe es persönlich nur bis Oberstammheim und beruflich nur bis Brüttisellen gebracht, empfinde aber, wie Du weisst, genau wie Du.
Du bist nicht, wie man hätte vermuten können, Historiker oder Kunsthistoriker geworden, sondern Jurist. Deine präzise sachliche Denkweise ist auch unserer Vereinigung immer wieder zu Gute gekommen. Deine beruflichen Stationen in Kürze:
- als einer der letzten «Sulzer» 12 Jahre in verschiedenen Funktionen im Sulzer-Konzern
- seit 1988 selbständiger Berater und Unternehmer
- als solcher zeichnest Du u.a. verantwortlich für bemerkenswerte Renovationen:
> Zur Hohen Eich, das um 1970 vom Abbruch bedrohte mittelalterliche Stadthaus in Zürich
> ein Ökonomiegebäude im Oberen Alpgut in Winterthur
> Schiffhütte, Vordere Au, Zur Hinteren Lände: z.T. abbruchreife, seinerzeit nicht geschützte Häuser in Wädenswil bzw. im Ortsteil Au ZH.
> das Haus von Moos in Malans
Dein ehrenamtliches Engagement während vieler Jahre in verschiedensten kulturellen Bereichen ist beeindruckend, nur als Beispiele:
- Vorstand NIKE
- Rechnungsrevisor ICOMOS
- Präsident Verein Zinnfiguren Museum Zürich
- Präsident und Ehrenmitglied Kunstverein Winterthur
- Stiftungsrat Hahnloser-Jaeggli Stiftung (Villa Flora), Winterthur
- Präsident Stiftung Langmatt, Baden AG (Villa und Sammlungen von Sidney und Jenny Brown-Sulzer)
Du bist doppelter Emigrant und Immigrant:
Ohne Deine eigenen Wurzeln zu leugnen, bist Du vor Jahren dem Ruf der Zürcher Gesellschaft in Deine neue Heimatstadt Zürich gefolgt; als Stubenmeister der Zunft zur Meisen bist Du für eines von drei Barockpalais in Zürich verantwortlich und als Stubenhitzer - das ist, wie der Basler Georg Krayer richtig feststellt, Meritokratie - bist Du Mitglied der Gesellschaft der Schildner und Stubenhitzer zum Schneggen.
Später hast Du Dein Zuhause in der Hohen Eich zur Zweitwohnung gemacht und Deinen
Lebensmittelpunkt ins Haus von Moos - dem Höhepunkt Deines gestalterischen
Wirkens - nach Malans verlegt.
Keine Anekdoten, aber ein paar Stichworte zu Deiner Person:
- elegant, immer freundlich, von befreiender Heiterkeit
- minutiös, ab und zu ein «Tüpflischisser»
- napoleonisch
- direkt und unverblümt
- grosszügig
- ein geistreicher Causeur, homme de lettre
- unsere Eltern konsultierten das Schweizer Lexikon, wir haben Dich, Friedli
- geduldig und einfühlsam im Umgang mit der Bausubstanz und mit den Behörden
- kompetenter und hilfsbereiter Ratgeber, der sein Fachwissen gerne Dritten zur Verfügung stellt
- sprachbegabt
- ein Mann der guten alten Schule, der – wie Du festhältst – die Errungenschaften unserer Zeitschätzt
- ein begnadeter Netzwerker, der (eine Pointe von Pierre von Graffenried) selbst die
Namen der zwei weissen Hündchen von DAH-Mitglied Dubs kennt
- Kunstsammler mit profundem Wissen und gutem Geschmack (Jürg Wille: «kein Füdlizüüg»)
- ein kompromissloser Engagierter mit dem Mut, auch öffentlich kein Blatt von den Mund zu
nehmen: Landesmuseum («schrecklich») in Zürich lassen grüssen
- vor allem 100% verlässlich: wer Dein Freund ist, kann sich glücklich schätzen
Domus Antiqua Helvetica
1984 Gründung DAH Schweiz. Da die die denkmalpflegerische Hoheit bei den Kantonen liegt, in der Folge Gründung von Sektionen, u.a.
1991 Sektion Zürich (zusammen mit Jürg Wille, erster Obmann, und Charles Wunderly), 16 Jahre warst Du als Nachfolger von Jürg Wille deren Obmann
14 Jahre Betreuung Bulletin (1984 «Chäsblettli»)
20 Jahre im Schweizer Vorstand, seit 2012 als Präsident
Unter Deiner Ägide wurde das Haus DAH in Ordnung gebracht:
- neues Erscheinungsbild, neue Website, neues Bulletin
- Aktualisierung der Mitgliederdaten
- Begleitung der Organisation von einmaligen Mitgliederversammlungen
- verschiedene Vernehmlassungen, z.B. zur Kulturbotschaft des Bundesrates
- Einleitung der Überprüfung der Organisation des Vorstandes mit dem Ziel Effizienzsteigerung
und – last but not least – «les mots du Président». In den Bulletins hast Du immer wieder pointiert zu Fragen Stellung genommen, die uns beschäftigen müssen, ich zitiere die Titel:
«Denkmal noch mehr unter Druck»
mit dem Hinweis, dass die vom BR vorgesehenen Mittel zum Schutz von Baudenkmälern bei weitem nicht ausreichen
«Treuhänder der uns anvertrauten Häuser»
mit der Feststellung, dass historisch wertvolle Bauten in privater Hand meist gut aufgehoben sind
«Verdichtetes Bauen» contra Denkmalschutz»
mit der Forderung, dass im Interesse des Ortsbildschutzes verdichtetes Bauen nicht zur Missachtung von Auflagen des Denkmalschutzes führen darf
Deine Botschaften sind selbstredend:
«Armut ist oft der beste Denkmalpfleger»
«Reparieren, wo immer es geht»
ein Plädoyer gegen die allgemeine Meinung, dass Ausbessern, Flicken, Ergänzen viel zu teuer ist und sich nicht lohnt; ein Aufruf zum sorgfältigen Umgang mit Ressourcen
«Den Häusern ihre Seele lassen»
«Schaden denkmalpflegerische Auflagen der Investition ins Baudenkmal?»
Du hast (mit einer angestrebten Bruttorendite von 6.5%) damals mehrfach den Beweis erbracht, dass sich eine sorgfältige Rettung von historischer Bausubstanz auch in finanzieller Hinsicht lohnen kann und ohne Mäzenatentum möglich ist. Das ist Deine Botschaft!
Quo vadis DAH? Wie stellst Du Dir die Zukunft unserer Vereinigung vor?
Lieber Friedli, Du kennst meine Meinung, dass aufhören abgeben heisst – rechtzeitig und mit allen Konsequenzen, zum Wohl einer nächsten Generation. DAH muss ohne Dich kutschieren können. Umso wichtiger ist, dass das, was Du – konsequent und unabdingbar – vorgelebt und umgesetzt hast, bei DAH weitergeführt wird:
- die Pflege eines Netzwerks unter Gleichgesinnten als vielleicht wichtigste Aufgabe unserer
Vereinigung
- der Mut, unsere Ansprüche an DAH-Objekte kompromisslos durchzusetzen (die Sektion Zürich hat dieses Jahr auf Deinen Wunsch drei Aufnahmeinteressenten eine Absage erteilt)
- der Austausch mit verwandten, auch europäischen Organisationen und Institutionen wie
Heimatschutz, NIKE, ICOMOS und anderen.
Hinzu kommt die eben erst im Vorstand angestossene Frage, wie wir als glaubwürdige Stimme dem Denkmalschutz im aktuellen Gegenwind besser Schützenhilfe geben können. «Wir haben die Büchse der Pandora geöffnet», hast Du – mit Stolz – an der letzten Vorstandssitzung mit Blick auf die eingeleitete Diskussion festgestellt:
- wir wollen den Blick mehr nach aussen werfen und uns mit dem aktuellen denkmalpflegerischen Umfeld beschäftigen: Öffentlichkeitsarbeit ((«raus aus dem Ancien régime an die frische Luft»)
- wir wollen von anderen (z.B. der Filmbranche) lernen, wie man Lobbying betreibt
- vor allem: wir müssen uns bewusst sein, dass wir letztlich nur ein Glied in einer Kette sind und die Motivation sowie der Miteinbezug der nächsten Generation die besten Garanten dafür sind, dass unsere Anliegen eine Zukunft haben.
Schluss
Du bist kein Freund von grossen Abschiedsgeschenken. 2016 hast Du beim Rücktritt als Präsident der Sektion Zürich einen Aprikosenbaum für Deinen schönen Garten in Malans bekommen. Das war ein Symbol für Bescheidenheit, Nachhaltigkeit und Genussfähigkeit. Schade nur, dass der Baum bis heute keine Früchte getragen hat. Aber Du hast ja Zeit zu warten, darüber sind wir alle glücklich.
Dein Nachfolger wird Dir gleich persönlich ein Geschenk überreichen, das eher Deinem Interesse für neue Entdeckungen und Deiner Geselligkeit Rechnung trägt.Lieber Friedli
- Du hast DAH viel, sehr viel gegeben, Du bist zu unserem Kompass geworden, herzlich Dank,
- «Die Leistung eines Amtsinhabers lässt sich an der Qualität seines Nachfolgers messen»: In diesem Sinne können wir der neuen Präsidentschaft zuversichtlich entgegensehen. Danke, Lukas, dass Du dieses Erbe antrittst und viel Glück und Erfolg in den nächsten Jahren.
Lieber Freund
Unsere grosse Übereinstimmung, nicht nur zur Frage, wie wir mit unseren Kulturgütern umzugehen haben, ist ein Garant für die Zukunft unserer Freundschaft.
Schön, dass wir heute in Schaffhausen sind. Der Spruch am Schwabentor entspricht genau Deiner Botschaft «Lappi tue d'Augen uf».. Wir werden uns hoffentlich immer wieder daran erinnern und in Deinem Sinn auf der Hut sein.
Herzlichen Dank für alles und bis bald - auch bei DAH.
26.08.16 FW